Montag, 12. Dezember 2016

Gefährdungsbeurteilung: Arbeit bei Weltbild macht Mitarbeiter krank


Am Donnerstag informierte der WELTBILD-Betriebsrat die Belegschaft über die Ergebnisse der psychischen Gefährdungsbeurteilung. „Die Ergebnisse sind alarmierend“, erklärte der stellvertretende BR-Vorsitzende Timm Boßmann auf der Betriebsversammlung.

Seit einigen Jahren schreibt der Gesetzgeber eine Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen für alle Arbeitsplätze vor. Der Betriebsrat von WELTBILD hat diese Untersuchung immer wieder eingefordert, stieß beim Arbeitgeber aber lange auf taube Ohren. Erst als die Gefährdungsbeurteilung zur Bedingung für die Betriebsvereinbarungen über die Umzüge der Verwaltung gemacht wurde, konnte die Interessenvertretung sich durchsetzen.

„Not und Elend“

Die entsprechende Befragung durch ein unabhängiges arbeitswissenschaftliches Institut fand Ende Oktober statt. Niemand hatte nach den Turbulenzen durch die Insolvenz ein berauschendes Ergebnis erwartet. Tatsächlich aber sind die psychischen Belastungen noch weit höher als erwartet. Boßmann: „In manchen Abteilungen haben wir Not, in anderen Elend, in einigen Not und Elend.“

Katastrophal sind insbesondere die Ergebnisse zum Organisationsklima. Hier attestieren die Arbeitswissenschaftler durchgängig „eine „sehr erhebliche Belastung“, das ist die höchste Gefährdungsstufe auf der Skala.


Ebenfalls unzumutbar sind die Stressoren, denen die MitarbeiterInnen bei WELTBILD täglich ausgesetzt sind. Auch hier wieder mehrfach der Ausschlag auf eine „sehr erhebliche Belastung“


Insgesamt ergibt sich ein dramatisches Bild.


Die wenigen grünen Punkte stellte Timm Boßmann, der die Ergebnisse zusammen mit Betriebsrätin Manuela Natterer präsentierte, positiv heraus: „Wir sehen, dass viele MitarbeiterInnen ihre Tätigkeit grundsätzlich gern machen und sich gegenseitig ein hohes Maß an kollegialer Unterstützung geben.“

Nichtsdestotrotz bestehe dringender Handlungsbedarf. Das zeige auch ein Blick auf die körperlichen Beschwerden, die bereits jetzt bei vielen KollegInnen aufgrund der psychischen Belastung manifestieren:


„Es kann nicht sein, dass fast ein Drittel der Beschäftigten nicht mehr richtig schlafen kann“, betonte Boßmann die Dramatik der Situation bei WELTBILD. Der Betriebsrat ist deshalb direkt nach der Präsentation der Ergebnisse auf die Geschäftsführung zugegangen, um dringend notwendige Maßnahmen zu besprechen. Ein zunächst zugesagter Termin wurde unter einem Vorwand wieder abgesagt. Erst am Mittwoch fand die Geschäftsführung Zeit für das wichtige Thema; konkrete Zusagen mochte sie aber nicht machen. „Wir fürchten, dass der Arbeitgeber hier auf Zeit spielt und dringend notwendige Maßnahmen nicht angehen will“, berichtete Boßmann.

Das kann auch Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz nicht nachvollziehen. Er verwies auf einen kürzlich erschienenen Artikel in der Augsburger Allgemeinen: „Jeder Euro, den der Arbeitgeber für die Gesundheit der MitarbeiterInnen ausgibt, kommt dreifach zurück.“ Es würde sich also auch finanziell lohnen, wenn der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nachkäme. Der Betriebsrat hat dazu eine Anzahl konkreter Vorschläge und Maßnahmen entwickelt.

Betriebsrat hat konkrete Forderungen

  1. Ziele und Zeitplan festlegen: Welche Veränderungen wollen wir in welchem Zeitraum erreichen? Klares Commitment der Geschäftsführung, die Arbeitsbedingungen bei Weltbild nachhaltig zu verbessern 
  2. Workshops in allen acht Bereichen unter der Leitung von Fachleuten nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen. Teilnehmen sollen im ersten Schritt ausschließlich MitarbeiterInnen ohne die Führungskräfte. Ein Angebot und Terminvorschläge für Januar des mit der Umfrage betrauten Instituts liegen dem BR vor.  
  3. Aktives Change-Management: Workshops mit Führungskräften – welchen aktiven Beitrag können diese zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen leisten? 
  4. Etat einstellen: Was ist das Unternehmen bereit und in der Lage für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen finanziell aufzuwenden? 
  5. Betriebsvereinbarung: Wann werden Befragungen wiederholt, um festzustellen, ob die Maßnahmen wirksam waren 
  6. Mängellisten aus den Begehungs-Protokollen jetzt zügig abarbeiten 

Der Betriebsrat wird weiter versuchen, mit der Geschäftsführung ernsthafte Maßnahmen zu vereinbaren. „Wir sind gesprächsbereit und wollen verhandeln“, kündigte Boßmann an. „Gleichzeitig prüfen wir sorgfältig, welche Möglichkeiten das Arbeitsschutzgesetz noch bietet. Wenn es sein muss, bitten wir auch das Gewerbeaufsichtsamt um Unterstützung.“

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